Der Begriff des wirtschaftlichen Totalschadens spielt bei Verkehrsunfällen eine zentrale Rolle. Grundsätzlich kann der geschädigte Fahrzeughalter vom Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung die erforderlichen Kosten der Instandsetzung des Fahrzeuges verlangen. Es spielt keine Rolle, ob, wann und auf welche Weise der Geschädigte die Reparatur tatsächlich durchführen lässt. Es geht den Schädiger nichts an, ob der Geschädigte den Unfallwagen repariert, veräußert, unrepariert gegen einen Neuwagen in Zahlung gibt oder ihn im beschädigten Zustand weiterhin benutzt. Schwierig wird es, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges erreichen oder übersteigen. Es liegt dann ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Der Geschädigte kann dann froh sein, für ein vielleicht schon älteres und schwer verkäufliches Fahrzeug den Wiederbeschaffungswert zu erhalten. Es gibt aber auch den Fall, dass sich der Geschädigte von seinem vertrauten und zuverlässigen Fahrzeug oder gar einem Oldtimer nicht trennen möchte und die Reparatur „koste es, was es wolle“ durchführen lassen möchte.

Die Rechtsprechung hat in einer Vielzahl von Fällen erörtert, bis zu welcher Grenze bei einem wirtschaftlichen Totalschaden der Geschädigte sein ihm vertrautes Fahrzeug auf Kosten des Schädigers reparieren lassen darf. Einerseits obliegt dem Geschädigten selbst eine Schadensminderungspflicht, nach der er seinerseits dazu beitragen muss, den Schaden möglichst gering zu halten. Dies gilt insbesondere bei der Teilnahme am Straßenverkehr, mit der sich jeder einem allgemeinen Lebensrisiko aussetzt. Andererseits ist das Integritätsinteresse des Geschädigten anzuerkennen, nach dem er ein berechtigtes Interesse an der Reparatur seines Eigentums hat. Dieses Integritätsinteresse liegt im Regelfall nur bei privat genutzten Fahrzeugen vor und ist bei einem beliebig austauschbaren Firmenfahrzeug kaum anzunehmen.

Die Gerichte erkennen daher an, dass der Geschädigte die Reparatur verlangen kann, wenn der Reparaturkostenbetrag nicht mehr als 130 % des Wiederbeschaffungswertes beträgt, das Fahrzeug dann auch tatsächlich repariert und weiterhin vom Halter für eigene Zwecke verwendet wird. Diese Toleranzgrenze bis 130 % wird auch bei einer Selbstreparatur zugebilligt. Der Restwert des Fahrzeuges wird bei der Ermittlung des Reparaturaufwandes nicht berücksichtigt. Der Geschädigte muss zudem beweisen, dass das Fahrzeug fachgerecht repariert wurde, so dass eine provisorische Notreparatur oder eine laienhafte Selbstreparatur nicht ausreichen. Wird die Toleranzgrenze von 130 % überschritten, ist die Instandsetzung in der Regel wirtschaftlich unvernünftig. Der Geschädigte kann sein Fahrzeug dann zwar reparieren lassen, erhält aber nur die Wiederbeschaffungskosten ersetzt.