Das Unternehmen Direct Line Versicherung AG gehört in Deutschland zu den größten Anbietern für Kfz-Versicherungen und ist hier seit dem Jahr 2002 auf dem Markt. Mittlerweile gilt die Directline Versicherung als der drittgrößte Direktversicherer im Bereich Fahrzeuge und beschäftigt rund 350 Mitarbeiter, die einen Kundenstamm von mehr als 400.000 Kunden betreuen. Bekannt ist die Firma vor allem durch ihre einprägsamen Werbespots mit dem roten Telefon auf Rädern. Dies weist auf die ursprüngliche Vermarktungsstrategie hin, die von Direct Line schon seit 1985 in Großbritannien verfolgt wird. Durch den Verzicht auf ein großes Beraternetz oder Filialen vor Ort und die Konzentration auf die reine Beratung und Direktvermarktung per Telefon sollen die Kosten für die Kunden minimiert werden. Inzwischen läuft ein großer Teil des Geschäfts aber auch über das Internet, dessen Anteil am Gesamtgeschäft innerhalb weniger Jahre auf über 50 Prozent gewachsen ist.

Zweitwagentarif richtet sich nach Einstufung des Erstfahrzeugs

Direct Line operiert von seinem Firmensitz in Teltow (bei Berlin) und hat in den letzten Jahren seine Bandbreite an Versicherungen weiter ausgebaut. So entfällt ein Teil der Vertragsabschlüsse inzwischen nicht mehr nur auf reine Autoversicherungen (sowohl Haftpflicht- als auch Kaskotarife), sondern umfasst z.B. auch Rechtsschutz oder Privat-Haftpflicht. Damit will Direct Line offenbar möglichst viele Kundenwünsche aus einer Hand befriedigen können. Neuland betrat das Unternehmen seinerzeit mit der Einführung eines speziellen Zweitwagentarifs. Dabei wirkt sich eine gute Schadenfreiheitsklasse des Erstfahrzeugs beitragsmindernd auf die Versicherung des zweiten Fahrzeugs aus – und das auch dann, wenn der Erstwagen nicht bei Direct Line versichert ist. Ähnliche Tarife gibt es mittlerweile auch für Motorräder.

Die Direct Line ist vor allen Dingen bekannt geworden durch die Werbung, besonders Zweitwagen günstig(er) zu versichern (Screenshot directline.de/autoversicherung/zweitwagenversicherung/ vom 31.10.2012)

Die Direct Line ist vor allen Dingen bekannt geworden durch die Werbung, besonders Zweitwagen günstig(er) zu versichern (Screenshot directline.de/autoversicherung/zweitwagenversicherung/ vom 31.10.2012)

Kundenzufriedenheit – Anspruch und Wirklichkeit

Eigenen Angaben zufolge ist Direct Line stets daran interessiert, seinen Kunden die jeweils besten Konditionen einzuräumen, die auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei weise man auch von sich aus auf das jeweils beste Angebot hin, so das Unternehmen auf seiner Webseite. So sei man auch darauf bedacht, „klare Ansagen“ zu machen und keine Sachverhalte – etwa im Kleingedruckten – zu verschleiern. Kritik sei demnach durchaus erwünscht und werde ernst genommen. Zumindest bei den Kundenbewertungen scheinen negative Meinungen in der Tat nicht unterdrückt zu werden. Zwar überwiegen die positiven Einschätzungen, doch kann man die negativen Meinungen leicht auffinden und durchlesen. Dabei fällt Kritik von Bestandskunden auf, die den Anstieg von Prämien beklagen. Der Tenor dieser Meinungen scheint zu sein, dass Neukunden bessere Tarife bekommen und treue Altkunden in den Folgejahren höhere Tarife zahlen. Zudem wird teilweise Kritik an der Gestaltung des Internet-Auftritts geübt. So scheint es mitunter Probleme beim Ausdrucken von Angeboten zu geben und die Angaben in Formularen bleiben bei einem Hin- und Herspringen zwischen den Seiten offenbar nicht immer erhalten. Direct Line hat allerdings nach eigener Aussage den Webauftritt in letzter Zeit weiter optimiert. Ob das alle Probleme der betroffenen Verbraucher löst, bleibt abzuwarten. Weitere Kritik betrifft Abweichungen zwischen den Online-Angeboten und den Aussagen der Mitarbeiter am Telefon. Probleme scheint es dort zu geben, wo Onlineangebot und Telefonberatung unterschiedlich ausfallen oder zuvor gemachte Angaben im Endergebnis fehlerhaft dargestellt werden und die zu zahlenden Beitragssätze verändern. Diese Schwierigkeiten scheinen aber nur einen Teil der Kunden zu betreffen. Während einige den Internet-Auftritt als „unübersichtlich“ und „schlecht zu bedienen“ bezeichnen, legt die Mehrzahl der Bewertungen nahe, dass das Gegenteil der Fall ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Benutzerfreundlichkeit oft nur subjektiv zu erfassen ist.

Regulierung von Schäden bei DirectLine

Bei der Kundenbetreuung und insbesondere der Schadensabwicklung fürchten viele Autofahrer Nachteile bei einer Direktversicherung. Dass sie keinen direkten „eigenen“ Ansprechpartner in Form eines Versicherungsvertreters haben, sehen manche Kunden als problematisch an. Hier verspricht Direct Line allerdings eine rasche, unkomplizierte Abwicklung per Telefon, stets mit einem persönlichen Ansprechpartner für jedes Schadensereignis. Auch die Regulierung erfolge „schnell, unbürokratisch und kulant“. Immerhin scheint das Unternehmen auch negative Kundenmeinungen nicht zu verstecken, wobei auffällt, dass manche Bewertungen im Text zwar positiv sind, aber (offenbar als Resultat eines Bedienfehlers) dennoch nur mit einem Stern in die Statistik einfließen. Obwohl dies natürlich das Gesamtergebnis nach unten drückt, scheint Direct Line diese nicht nachträglich zu entfernen oder zu bearbeiten. Was nun die Frage der Schadensabwicklung angeht, scheinen sich Direktversicherer und traditionelle Versicherungen inzwischen kaum noch zu unterscheiden. Im Gegenteil: Was die Erreichbarkeit angeht, schneiden Direktversicherungen oft sogar besser ab, weil sie die Kommunikation per E-Mail oder Telefon im Tagesgeschäft besser handhaben.

Gute Noten in Tests machen jährlichen Vergleich nicht überflüssig

Neben den (oft sicherlich subjektiven) Kundenmeinungen gibt es aber auch objektive Bewertungen durch verschiedene Testorganisationen oder einschlägige Zeitschriften. So wirbt Direct Line mit Auszeichnungen als Testsieger für bestimmte Kfz-Tarife, die allerdings aus dem Jahr 2010 stammen; die damaligen Resultate sind also nicht mehr unbedingt mit heute vergleichbar. Die letzten Auszeichnungen, die aktuell auf der Internetseite des Unternehmens angepriesen werden, beziehen sich auf Tests aus der letzten Wechselsaison vom Herbst 2011. Die meisten Kundenmeinungen betreffen ebenfalls dieses Zeitfenster; das hat mit dem normalen Turnus der Kfz-Versicherer zu tun. Die meisten Verträge laufen bis 31.12. und müssen für einen Wechsel zum 30.11. gekündigt sein. Daher fällt der Großteil der Kundenaktivitäten auch auf den Herbst. Die Stiftung Warentest zeichnete Direct Line jedenfalls im November 2011 beim großen Vergleich der Autoversicherer mit dem 1. Platz aus und bezeichnet die Ange bote als „überdurchschnittlich preisgünstig“ (siehe auch: www.test.de/themen/auto-verkehr/test/Autoversicherung-Neue-Testsieger-neue-Sparchancen-4289386-4289388/ ). Auch aus dem Jahr 2010 finden sich zahlreiche entsprechende Testergebnisse, unter anderem von der „F.A.Z.“ oder „auto motor und sport“. Für die aktuelle Suche nach günstigen Versicherungen sind diese Ergebnisse aber nur bedingt verwertbar, da sich die Tarife natürlich in jedem Jahr ändern. Dennoch ist ein Muster zu erkennen, dass zumindest Neuverträge bei Direct Line zu den günstigeren Angeboten zu gehören scheinen. Der Rat der meisten Testportale und Zeitschriften ist aber auch, jedes Jahr einen neuen Versicherungsvergleich anzustellen, da Bestandskunden meist nicht automatisch von günstigen Entwicklungen profitieren.

Der Faktor Social Media

Auch im Bereich Social Media nutzt Direct Line inzwischen alle Kanäle, um ihre Angebote publik zu machen. Neben dem obligatorischen Facebook-Auftritt und der Twitter-Seite setzt der Versicherer verstärkt auf Videos als Werbe- und Informationsträger. Neben den bereits aus dem TV bekannten Spots von Direct Line finden sich auf dem offiziellen Youtube-Channel Informationsvideos über die allgemeine Preisentwicklung von Autoversicherungen. Aber auch die Abwicklung im Schadensfall und eine Reihe von anderen häufig gestellten Fragen werden in Form von kurzen Videos erklärt. Obwohl der eindeutige Werbecharakter dieser Filme nicht vergessen werden sollte, finden Kunden hier doch einige weitergehende Informationen, die so manchen Anruf bei der Hotline überflüssig machen dürften. Die Videos finden sich unter www.youtube.com/user/Directline auf dem Youtube-Channel.

Direct Line Youtube Channel (Screenshot 31.10.2012)

Direct Line Youtube Channel (Screenshot 31.10.2012)

Ausblick auf die Zukunft

Direct Line hat im Jahr 2011 nach über neun Jahren am Markt erstmals einen Gewinn erwirtschaftet. Die Muttergesellschaft RBS (Royal Bank of Scotland) denkt daher immer lauter über einen Verkauf der Versicherungssparte nach, der im Zusammenhang mit den Bedingungen der EU für die finanziellen Staatshilfen während der Finanzkrise steht. Damals hatte die britische Regierung der RBS stark unter die Arme gegriffen und vor dem finanziellen Kollaps gerettet. Seit dieser Zeit ist der Staat Hauptanteilseigner bei RBS. Der lange angekündigte Börsengang erfolgte in London am 16. Oktober 2012 und brachte der RBS rund 978 Millionen Euro ein.

In den inzwischen eng gewordenen Räumen der deutschen Direct Line wird mittlerweile wohl über einen Umzug nachgedacht, um dem Wachstum der letzten Jahre Rechnung zu tragen. Mit der Einführung eines neuen Premium-Tarifs will die Versicherung neue Kunden gewinnen, die zuvor keine adäquaten Angebote bei Direct Line erhalten konnten. Ein Beispiel dafür ist die Neupreisentschädigung für Neuwagen. Sie gilt für 24 Monate nach der Erstzulassung und eliminiert die Lücke, die bei einem Totalschaden oder Fahrzeugverlust normalerweise durch den Wertverlust entsteht. Dabei wird die Regulierung im Rahmen der jeweiligen Versicherungsbedingungen erfolgen. Auch für gebrauchte Fahrzeuge gibt es eine ähnliche Möglichkeit der Kaufpreisentschädigung, die für maximal 12 Monate ab Kaufdatum gewährt wird. Selbst Marderschäden und ihre Folgen sind demnach bis zu einer Grenze von 3000 Euro mitversichert. Wie erfolgreich diese Strategie sein wird, muss sich am Markt noch zeigen, denn die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Zudem ist natürlich auf Kundenseite zu berücksichtigen, ob sich die Mehrkosten für solche Premiumprodukte bei der Autoversicherung tatsächlich lohnen. Angesichts der zu erwartenden Preissteigerungen bei den Kfz-Versicherungen ist der zunehmende Wettbewerb für die Kunden aber sicher eher ein positiver Aspekt – sofern von den Vergleichsmöglichkeiten entsprechend Gebrauch gemacht wird.

Grundsätzlich empfehlen Experten immer wieder, dass Kunden sich nicht auf einmal erreichten, vermeintlich günstigen Tarifen ausruhen und über die Jahre hinweg Preiserhöhungen einfach hinnehmen sollen. Vielmehr ist die Ausübung der Marktmacht der Verbraucher ein wichtiger Faktor, der nicht unterschätzt werden sollte. Gerade in der Versicherungswirtschaft ist der Wettbewerbsdruck hoch und kann von cleveren Kunden entsprechend eingesetzt werden, um zu einem günstigeren Tarif zu kommen. Dabei sollten die Kündigungsfristen immer im Auge behalten werden, damit keine Gelegenheit zum Sparen verpasst wird.